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Jihad
Pfade des Jihads

Maria Maresch   18.11.2001
Über Chatwin, Nomaden und Gotteskrieger
Terror liegt über dem Land, der Terror von Propaganda, Lüge und Desinformation. Wo einst kilometerlange Flüchtlingsströme, schreiende Babys und ratlose Frauengesichter Politiker wie Publikum vom militärischen Eingreifen überzeugten, herrscht heute gähnende Leere. Weil solches, noch im Bosnien- und Kosovo-Krieg tausendfach abfotografiertes Leid politisch derzeit nicht kommod ist, taucht es auf den westlichen Bildschirmen auch kaum auf. Bilder aus Quetta oder anderen Flüchtlingscamps gibt es merkwürdigerweise nicht. Und das alles trotz der viel zitierten Pluralität, Konkurrenz und Zersplitterung der Medien und ihrer Öffentlichkeiten. Stattdessen wird das Publikum diesmal mit Reden zur "uneingeschränkten Solidarität" zugedeckt und bei Stange gehalten. Sie müssen herhalten, um Militärbündnisse zusammen und Militäraktionen am Laufen zu halten. 
Ich gegen meinen Bruder.
Ich und mein Bruder gegen unseren Cousin.
Ich, mein Nachbar und unser Cousin gegen unsere Nachbarn.
Wir alle gegen den Fremden.
Beduinen-Sprichwort

Um den medialen Endlosschleifen und der Bombardierung mit diesen Terrornachrichten zu entrinnen, nahm ich kürzlich Bruce Chatwins Traumpfade zur Hand. In der Mitte dieses Buches, bei den Aufzeichnungen aus den Notizbüchern, fand ich mich unversehens in eben diesem Spinnennetz "nomadischen Denkens" wieder, das durch seine analytischen, metaphysischen Modelle und Reflexionen über "Fortschritt und kulturelle Entwicklung""der Menschheit einen Erklärungsversuch über die Vorkommnisse der letzten Wochen aus der Sicht der Nomaden anbietet. Dies lag sicherlich weder in der Absicht des Autors noch sollte dieser Text vom Leser als Orakel gesehen werden.
Dem Autor, der als "journalistischer Nomade" seit 1962 auf ausgedehnten Reisen Afghanistan, die Sowjetunion, Westafrika, Patagonien und Australien durchstreifte, waren die Sehnsüchte, Prophetien und Werte derer, die in Zelten hausen und Sesshaftigkeit mit Kerkerhaft gleichsetzen, vertraut und zugleich Triebfeder für sein eigenes Leben.
In diesen Aufzeichnungen bezeichnet ein Marabut aus Timbuktu das Volk der "Merikaner" als Gotteslästerer. Sie hätten "den Mond besucht" und damit die Weltordnung gestört. Ihre "Hirten-Nachfahren" in Vorder- und Zentralasien haben jetzt gegen diese "Gotteslästerer" zu einem "Heiligen Krieg" aufgerufen, um ihre ins Wanken geratene Vorstellung von "Gesetz und Ordnung" wieder ins Lot zu bringen.
In diesem aktuellen Konflikt, bei dem ein Ungleichgewicht an kriegerischen Waffen und technischem Know-how sichtbar wird, geht es den "Nomaden" mitnichten um Landgewinn, sondern ausschließlich und vornehmlich um die Wiederherstellung des "Nomos", das die Freiheit und das Recht impliziert, den Weg so zu gehen, wie es der Vorstellung eines Nomaden entspricht: ohne Bevormundung oder Einflussnahme einer fremden Macht. Egal, ob "frauenschändender" Taliban oder ehrenvoller Moslem, beide eint das Bestreben, diese Ideale zurückzuerobern.
Damals rebellierten die Nomaden, heute lehnen sich Bin Ladin und Al-Qaida, seine Sympathisanten und Mitstreiter vor allem gegen jene auf, die sie in ihrer Ehre und ihrem Stolz kränkten. Gleichwohl wehrten sie sich und begehren gegen "Modernitäten" auf, da "Fort-Schritt"=Progress für Nomaden gleichbedeutend war und ist mit "Rundreise zu allen ihren Weideflächen" und nicht mit Weiterentwicklung oder gar Entfernung von Traditionen und Wertvorstellungen im abendländischen Sinn. Das Ziel der "Hirten-Nachfahren" besteht, und da stimme ich Jean Baudrillard in seinem Beitrag über den [1]Geist des Terrorismus ( [2]engl. Version) uneingeschränkt zu, in der "Zerstörung der Moderne", einer Postmoderne, die durch das "Monopol einer einzigen Weltmacht" geschaffen wurde.
Dem vordergründigen "Krieg gegen den Terror" werden aus Sicht der Nomaden neuen Meme zugeführt. Den "Gotteskriegern" geht es um ein Freihalten ihrer "heiligen Geographien", aber nicht um Materialitäten, also um globale Besitz- oder Hegemonialansprüche wie den westlichen Mächten. Dieser Verweis auf Spiritualität und Ehrgefühl mag verharmlosend und zynisch klingen angesichts der Tausenden von Opfern, in Anbetracht der unsichtbaren Bedrohung, die von Selbstmordattentätern ausgeht, und im Rückblick auf den zehnjährigen Krieg mit der Sowjetunion und der anschließenden Herrschaft der Taliban. Aber er kann der westlichen Denkweise neue und umfassendere Perspektiven eröffnen und sie zu einer Überprüfung eigenen Handelns zwingen.
Es war die Freiheit zu wandern, die für sie den höchsten Wert hatte, nicht die Umstände, die es wirtschaftlich lohnend machten.
Frederick Barth, norwegischer Anthropologe

Die Gründe für den Terror, der vor allem den Westen und seine "Wertvorstellungen" von freiem Handel, Individualität und Selbstverwirklichung bedroht, sind in der Philosophie vom Nomadentum zu suchen:
        
    "Die Wüstenvölker sind dem Gutsein näher als sesshafte Völker, weil sie dem Urzustand näher sind und ferner von den üblen Gewohnheiten, die die Herzen der Sesshaften verdorben haben." (Ibn Chaldun)     
        
Amerika dem "Satan" gleichzusetzen, der vor allem die Verführung der Jugendlichen in der islamischen Welt im Auge hat, ist nicht nur bei radikalen und praktizierenden Moslems eine Stereotype. Man muss daher nicht mehr eigens betonen, dass die USA in ihrer Expansions- und Weltbeherrscherpolitik, in ihrem Überstülpen amerikanischer Denkweisen auf andere, aber auch in ihrer kulturellen Unwissenheit, was andere Völker, Religionen oder Verhaltensweisen angeht, seit Jahrzehnten Projektionsfläche für Hasstiraden in den islamischen Ländern sind. Sie gelten als "Verursacher allen Weltübels", und dieser Hass, der ihnen entgegenschlägt, wird vor allem religiös und emotional geschürt.
Seitdem der Glaube an Unverwundbarkeit am 11. September vor aller Augen auf brutalstmögliche Weise falsifiziert worden ist, gedeihen und grassieren in Gottes eigenem Land Unsicherheit, Angst und Panik. Diese zu schüren sind die "neuen und wirksameren Waffen" der Jihad-Krieger, die es gewohnt sind, mit Angst und Bedrohung umzugehen. Für Nomaden ist Sonne ("böse, alt und voller Neid auf das Leben") Synonym und Metapher dafür. Im Unterschied zu westlichen Vorstellungen vom postmodernen Krieg, der möglichst clean und ohne Kollateralschäden eigener Kräfte abgehen soll, sehen sie sich als Märtyrer für eine heilige Sache, wenn sie in diesem umkommen.
Im Islam wird der Rhythmus des Gehens als ein Mittel benutzt, die Bindungen an die Welt zu lösen. Eben diese "Bindungen", die ihnen durch den Western Way of Life aufgezwungen werden und ihre Pfade und Kulturkreise stören, gilt es zu durchschlagen, mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln. Gegen die "schlimmste weltweite Kriegsmaschine" (Gilles Deleuze), die die USA durch welt- und raumumspannnende Überwachungsanlagen auf und über Territorien außerhalb ihres Landes installierten, werden radikale Islamisten auch weiter nomadische Kriegsmaschinen in Stellung bringen, die durch westliche, östliche oder welche Anti-Terrorbündnisse auch immer kaum abzuwehren sind. Der Terror ist der Preis, den die globale Gesellschaft zahlen muss.
Auch in den "Traumpfaden" geht es darum: um die Auffassung der Aborigines, ihr ganzes Leben die Songlines ihrer Ahnen zu wandern und zu singen, bis sie selbst zum Weg, zum Ahnen und dem Lied würden. "Diese Gesänge materialisieren den Mythos, sie stellen den zentralen Besitz der Stämme dar und werden von einzelnen privilegierten Stammesmitgliedern von Generation zu Generation weitergegeben" (Hartmut Winkler).
Dieses implizite Wissen um transzendente Elemente wird die amerikanische Kriegsführung kaum tangieren oder sie in ihren Vorhaben beeinflussen, geschweige denn davon abhalten können. Eher ist zu erwarten, dass eine "Aug um Auge-, Zahn um Zahn-Politik" weiterhin diesen Krieg prägt. Die weiter wuchernde Gewaltspirale wird eine Beantwortung der Fragen nach dem Beginn des Konflikts oder den Auslösern mehr und mehr verunmöglichen und uns immer weiter von einer Lösung entfernen. Nach Baudrillard findet der "vierte Weltkrieg" schon heute statt, nicht nur als Antwort auf die Politik der "einzigen Weltmacht" (Zbig Brzezinski), sondern auch als Respons auf die "Globalisierung in Gestalt Amerikas, das vielleicht das Zentrum, aber keineswegs die einzige Verkörperung der Globalisierung ist."
Die Frage nach dem Sinn der Taktik und Strategie des terroristischen Modells muss ebenso negiert werden wie die nach dem Sinn und Nutzen der kriegerischen Aktionen in Afghanistan, die höchstwahrscheinlich nicht zur Bekämpfung "des Terrorismus" oder "der Terroristen" taugen, da dieser David-Goliath-Kampf gegen ein ortloses Netzwerk eine Kette von Katastrophen heraufbeschwören könnte.
Uns bleibt nur die Rolle des teilnehmenden Beobachters, oder, im schlimmsten Falle, Opfers in der Warteschleife der Geschichte, dem das blecherne Klingen der stumpfen Waffen, die die strategischen Schachzüge der Amerikaner und ihrer Bündnispartner begleiten, noch lange in den Ohren klingen muss, bis dem Terror der Jihad-Krieger, denen die harten Bedingungen der Wüste Garanten für faktische Mobilität und taktische Überlegenheit sind, ein Ende bereitet werden kann – oder auch nicht.
Links
[1] http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/artikel94964.php
[2] http://cryptome.org/baud-terr.htm

Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/buch/11144/1.html
Wichtiger Hinweis  
  Ab sofort gibt es Texte, Bilder, Zitate auf:

http://ebebraun.tumblr.com/
 
neu dazugekommen  
  Fridolin Stier: Jesus von Nazaret vor dem Bild des Christus (anderes..)

Link: Fridolin Stier - Gedicht Genesis (guck mal)

Predigt Oferdingen 30.10.2011 (predigten)

mit Karl Napf zu Matth. 20-Arbeiter im Weinberg (s. an-ein-aussprüche)

Predigt Pfullingen 16.10.2011

aktuelle Sprüche (s. unten)












 
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Bei einer Veranstaltung für ältere Menschen in einer Schwarzwaldgemeinde waren auch die beiden Pfarrer des Dorfes anwesend. In der Pause fragte der Entertainer den katholischen Geistlichen, warum die Kirche sich moralisch fast ausschließlich auf den §218 konzentriere und zum Beispiel zur Lüge, die sich auch verheerend auswirke, nichts sage. Der Pfarrer stutzte eine Sekunde und erwiderte dann: "Gegen die Lüge kann man nichts machen, darauf beruht unser ganzes System." Napf erschrak über die Offenheit, da das Programm aber weiterging, konnte er nicht einmal fragen, welches System der Geistliche gemeint habe, das weltliche oder das religiöse oder gar beide.
Gefunden bei Karl Napf: (http://karlnapf.net/)



„Wo nicht der Mensch, sondern das zinstragende Kapital der Gegenstand ist, dessen Erhaltung und Mehrung der Sinn und das Ziel der politischen Ordnung ist, da ist der Automatismus schon im Gang, der eines Tages die Menschen zum Töten und Getötetwerden auf die Jagd schicken wird.“ (Karl Barth, Die kirchliche Dogmatik Band III/4, Zürich 1951, S. 525.)
 
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