Schalom Ben-Chorin (Fritz Rosenthal), geb. 20. Juli 1913 in München, gest. 7. Mai 199 in Jerusalem
Interview mit Tobias Raschke (TR):
Sie sagten einmal, es sei eine alte Erfahrung, daß das Einzige, was man aus Geschichte lernen könne, die Tatsache sei, daß man nichts aus ihr lernt. Sind Sie davon noch immer überzeugt?
SCHALOM BEN-CHORIN: Nein, nicht mehr ganz. Es hat sich im Lauf der Geschichte doch vieles positiv verändert, angefangen von der deutsch-französischen Freundschaft bis zum Aufbruch des Ost-West-Gegensatzes.
TR: Sie haben sich sehr stark für den christlich-jüdischen Dialog eingesetzt. Wie soll er im neuen Jahrtausend weitergehen?
SCHALOM BEN-CHORIN: Meine Hoffnung ist, daß sich die Religionen näher kommen, indem sie ihre Wurzeln erkennen. Judentum und Christentum haben denselben Ursprung und haben dies noch nicht erkannt. Jetzt kommt man sich langsam näher. In der Hauptstadt der Religionen, Jerusalem – so hoffe ich – könnte ein Zentrum des christlich-jüdischen Dialogs entstehen.
TR: Wie stehen die Chancen für eine Einbindung des Islam in einen Dialog der drei monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam?
SCHALOM BEN-CHORIN: Der Islam ist noch nicht soweit. Man darf in diesen Fragen nicht ungeduldig sein. Eine Einbeziehung des Islams wäre verfrüht.