Predigt am 13. Februar 2011 in Altenburg – von Eberhard Braun
Mit Konfirmanden: Da ist ein Kittel! Er hat 2 Taschen. Greift mal hinein:
1. Zettel: „Das Universum ist um deinetwillen geschaffen“.
2. Zettel: „Du bist Staub und Asche“.
Martin Buber überliefert die folgenden Geschichte:
Rabbi Bunam sagte zu seinen Schülern: jeder von euch muss zwei Taschen in seiner Jacke haben, um bei Bedarf in die eine oder in die andere greifen zu können. In der einen Tasche liegt ein Zettel, auf dem steht: „Das Universum ist um deinetwillen geschaffen“. Auf dem Zettel in der anderen Tasche steht: „Du bist Staub und Asche“.
Das sind die beiden Seiten des biblischen Textes, den wir jetzt hören. Da kommt von ganz weither, über Jahrhunderte und Äonen ein Wort auf uns zu: Es fordert uns heraus und schon beim Hören könnten wir fragen, was es wohl von uns will!
Will es uns klein machen? Nichts seid ihr: Staub und Asche?
Das könnte sein! so kann man biblische Worte verstehen, so sind sie gebraucht und verstanden worden – werden es bis heute!
Hören wir genau hin – ich glaube nicht, dass es so gemeint ist. Vielmehr denke ich:
Was wir jetzt hören, ist zu hören als eine starke Ermutigung.
Es steht unter der Überschrift: Tröstet, tröstet mein Volk.
Aus Jesaia 40, ab Vers 12
12 Wer misst die Wasser mit der hohlen Hand, und wer bestimmt des Himmels Weite mit der Spanne und fasst den Staub der Erde mit dem Maß und wiegt die Berge mit einem Gewicht und die Hügel mit einer Waage?
13 Wer bestimmt den Geist des HERRN, und welcher Ratgeber unterweist ihn?
14 Wen fragt er um Rat, der ihm Einsicht gebe und lehre ihn den Weg des Rechts und lehre ihn Erkenntnis und weise ihm den Weg des Verstandes?
15 Siehe, die Völker sind geachtet wie ein Tropfen am Eimer und wie ein Sandkorn auf der Waage. Siehe, die Inseln sind wie ein Stäublein.
16 Der Libanon wäre zu wenig zum Feuer und seine Tiere zu wenig zum Brandopfer. 17 Alle Völker sind vor ihm wie nichts und gelten ihm als nichtig und eitel. 18 Mit wem wollt ihr denn Gott vergleichen? Oder was für ein Abbild wollt ihr von ihm machen?
19 Der Meister gießt ein Bild und der Goldschmied vergoldet's und macht silberne Ketten daran. 20 Wer aber zu arm ist für eine solche Gabe, der wählt ein Holz, das nicht fault, und sucht einen klugen Meister dazu, ein Bild zu fertigen, das nicht wackelt.
21 Wisst ihr denn nicht? Hört ihr denn nicht? Ist's euch nicht von Anfang an verkündigt? Habt ihr's nicht gelernt von Anbeginn der Erde? 22 Er thront über dem Kreis der Erde, und die darauf wohnen, sind wie Heuschrecken; er spannt den Himmel aus wie einen Schleier und breitet ihn aus wie ein Zelt, in dem man wohnt; 23 er gibt die Fürsten preis, dass sie nichts sind, und die Richter auf Erden macht er zunichte: 24 Kaum sind sie gepflanzt, kaum sind sie gesät, kaum hat ihr Stamm eine Wurzel in der Erde, da lässt er einen Wind unter sie wehen, dass sie verdorren, und ein Wirbelsturm führt sie weg wie Spreu. 25 Mit wem wollt ihr mich also vergleichen, dem ich gleich sei?, spricht der Heilige.
Verzagtes Gottesvolk!
Mutlos in Denken und Fühlen:
· Die da oben machen-ja-doch-was-sie-wollen.
· da-kann-man-doch-nichts-machen.
· Die Welt treibt dem Ende zu.
· Die Katastrophe ist nicht aufzuhalten!
· Wer sind wir schon!
· Wer bin ich denn!
Die Sehnsucht nach Gerechtigkeit ist übermächtig. Weltweit. Das zeigen die Eruptionen in Ägypten und anderen arabischen Staaten. Eine gewaltige Veränderung kündigt sich an. Die Kräfte, die der Gerechtigkeit und dem Frieden oder gar der Bewahrung der Schöpfung widerstehen, sind gewaltig, übermächtig.
· In Dakar im Senegal waren jetzt 50 000 Menschen beieinander zum Weltsozialforum: Eine andere Welt ist möglich. Habt ihr was davon mitbekommen? Mühsam muss man im Nachrichtendschungel nach Infos suchen.
· Wir Deutschen freuen uns gerade und sind mächtig stolz – nach der Finanzkrise, dass es mit unserer Wirtschaft aufwärts geht. Porsche, Daimler, Audi, VW verkaufen ihre großen Autos nach China und das beschert uns Arbeitsplätze und Wohlstand. Ganz toll!
· Alle jubeln. Keiner fragt, ob das der bis zum äußersten belastete Planet Erde verkraftet! Ob das gut ist für das Leben auf dieser Welt. Dabei weiß jeder: Wenn die chinesischen und die indischen Milliarden und die Massen Afrikas und der islamischen Welt so leben wie wir? Und das wollen die! Dann aber wird’s sschierig!
Mir doch egal. Nach mir die Sintflut! Hauptsache unserer Börse geht’s gut!
Der Meister gießt ein Bild und der Goldschmied vergoldet's und macht silberne Ketten daran.
Wir sind mitten drin im Götzendienst! Der Götze heißt bedingungsloses Wachstum: Dieses goldene Kalb ist alternativlos!
Ulrich Greiner hat vor fast 10 Jahren schon in der ZEIT geschrieben:
"Da alle anderen Götter abgedankt haben, ..., bleibt als letzter der Gott des Geldes. Wer ihm nicht dienen will, muss sehen, wo er bleibt. Nur Geld und Diesseits zählen. Das letztverbindliche Kriterium alles Sinnens und Trachtens ist der Erfolg, Erfolg bemisst sich in Macht, und da es keine geistige, transzendente Macht von bindender Kraft mehr gibt, zählt nur mehr das hemmungslose Diesseits: Bezüge, Beziehungen, Besitz..."
Das prophetische, das kritische, das mahnende Wort ist schwach. Man muss es mit der Lupe suchen.
Z.B. bei den Philosophen: Einer der bekanntesten deutschen Philosophen der Gegenwart, Peter Sloeterdijk - kein Christ, kein Gläubiger - schreibt ein Buch mit dem Titel: Du musst dein Leben ändern.
Das war mal ein Satz der Kirche!
„Der eine Gott und die Katastrophe haben mehr miteinander gemeinsam als man bisher registriert, nicht zuletzt den Ärger mit den Menschen, die sich nicht dazu aufraffen können, an ihn oder an sie zu glauben“ lese ich da (S. 703)
Können wir uns aufraffen an den großen Gott zu glauben, von dem Jesaia in starken ermutigenden Worten kündet!
Den Gott, der sagt:
Hallo, denk dran. Du bist mein Geschöpf. Du bist in meiner Hand. Das Universum ist um deinetwillen geschaffen!
21 Wisst ihr denn nicht? Hört ihr denn nicht? Ist's euch nicht von Anfang an verkündigt? Habt ihr's nicht gelernt von Anbeginn der Erde? 22 Er thront über dem Kreis der Erde, und die darauf wohnen, sind wie Heuschrecken; er spannt den Himmel aus wie einen Schleier und breitet ihn aus wie ein Zelt, in dem man wohnt; 23 er gibt die Fürsten preis, dass sie nichts sind, und die Richter auf Erden macht er zunichte: 24 Kaum sind sie gepflanzt, kaum sind sie gesät, kaum hat ihr Stamm eine Wurzel in der Erde, da lässt er einen Wind unter sie wehen, dass sie verdorren, und ein Wirbelsturm führt sie weg wie Spreu. 25 Mit wem wollt ihr mich also vergleichen, dem ich gleich sei?
Es kann dir nichts geschehen, als was er hat ersehen und was dir nützlich ist!
Und er sagt: Hallo, pass auf. Du hast einen Auftrag:
Steh auf, nimm dein Herz in die Hand, lass deine Angst los und lebe das, was du leben sollst und leben kannst. „Handle so, dass die Wirkungen deines Handeln verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf dieser Erde“.
Folge diesem Imperativ, dem Kantschen kategorischen, von Hans Jonas in einen ökologischen Imperativ verwandelt, den Sloeterdijk den absoluten Imperativ nennt.
Das prophetische Wort sagt mit Dakar: eine andere Welt ist möglich: Ihr könnt das! Wirklich!
Und das ist die Frage und die Botschaft:
Wer wenn nicht wir, die Menschen, die Christus zu Freiheit und zur Liebe befreit hat, wer wenn nicht wir: Christen, könnten den Egoismus überwinden, den Familien-, Gruppen-, Kirchen-, National-Egoismus?
Universal denken. Wer, wenn nicht wir, könnte es fertig bringen sich als Teil einer Weltgesellschaft, als Teil eines Weltvolkes der Kinder Gottes zu verstehen. Global denken, lokal handeln!
Wer, wenn nicht wir könnte der Erd-Charta folgen, die in 16 Grundsätzen Ziele und Wege beschreibt. Z.B.:
1. Achtung haben vor der Erde und dem Leben in seiner ganzen Vielfalt
4. Die Fülle und Schönheit der Erde für heutige und zukünftige Generationen sichern.
6. Schäden vermeiden, bevor sie entstehen,
9. Armut beseitigen
11. Die Gleichberechtigung der Geschlechter bejahen
13. Demokratische Einrichtungen auf allen Ebenen stärken,
15. Alle Lebewesen rücksichtsvoll und mit Achtung behandeln.
16. Eine Kultur der Toleranz, der Gewaltlosigkeit und des Friedens fördern.
Der Text der Erd-Charta wurde im Jahre 2000 nach mehrjährigen weltweiten Konsultationen von VertreterInnen zahlreicher Organisationen aus verschiedenen Ländern verabschiedet. www.erdcharta.de
„Rabbi Bunam sagte zu seinen Schülern: jeder von euch muss zwei Taschen in seiner Jacke haben, um bei Bedarf in die eine oder in die andere greifen zu können. In der einen Tasche liegt ein Zettel, auf dem steht: Konfirmand 1:
„Das Universum ist um deinetwillen geschaffen“.
Auf dem Zettel in der anderen Tasche steht:
Konfirmand 2: „Du bist Staub und Asche“.
Jesus sagt: Nichts wird euch unmöglich sein und
ohne mich könnt ihr nichts tun!
Wenn unsere Zeit die glänzenden Götzen eines ungebremsten Wachstums und einer zerstörerischen Gier an die Stelle Gottes, des Absoluten, des Heiligen, des Ewigen, gesetzt hat, dann gilt diesem Götzendienst unser klarer Widerspruch und unser entschiedener Widerstand.
Schade, dass die 8 Altlandesbischöfe mit ihrem offenen Brief an die EKD-Synodalen ihre Stimme nicht an dieser Stelle erhoben haben! Stattdessen haben sie wieder einmal die Sünde im Bereich der menschlichen Sexualität verortet. Aber es gibt wichtigere Fragen. Es geht ums Überleben des Lebens.
Und da ist die Herausforderung:
„Handelt so, dass die Wirkungen eures Handelns verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf dieser Erde“.
Kehrt um, ändert euer Leben! Stosst die Götzenbilder: Wachstum, Profit, Geld, Egoismus, Angst vom Thron des Absoluten.
Wendet euch neu dem zu, von dem es seit Urzeiten heißt:
er spannt den Himmel aus wie einen Schleier und breitet ihn aus wie ein Zelt, in dem man wohnt; er gibt die Fürsten preis, dass sie nichts sind, und die Richter auf Erden macht er zunichte
Der unvergeichliche, ewige Gott hat Euch und mir einen Kittel geschenkt und der hat zwei Taschen.
Auf denen steht: „Das Universum ist um deinetwillen geschaffen“. „Du bist Staub und Asche“. Die beiden Zettel lassen mich Mensch sein und auf dem Boden bleiben!
Sie geben mir Mut zum Leben und Handeln in schwieriger Zeit. Mit Gottes Hilfe. Amen