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Jesus von Nazaret vor dem Bild des Christus.

Jesus von Nazaret vor dem Bild des Christus.

 

Jesus: Herr Christus! Im Anfang waren wir identisch, d. h. nur ich war, und "Christus" ein Titel, ein "Hoheitstitel", den mir meine Urgläubigen verliehen haben. Und so verblieben wir lange, auch nach der Auferweckung noch, d. h. ich mit mir selber identisch. Die mir angeglaub­ten Titel störten mich nicht sehr, solange ich mehr Jesus als Messias war.

Mochten mich meine Leute für Elia, für den auferweckten Täufer, für einen der Propheten oder für den Messias hal­ten, was tat es, solange ich, Jesus, unter ihnen noch zu sehen, zu hören, zu erfahren war. Das blieb auch noch so, als andere Leute mir den Messiastitel abstritten und die Meinen ihn verteidigten - zunächst. Aber der Streit um die Legitimität des Titels hatte doch zur Folge, dass meine Worte und Taten als Beweismittel herangezogen wurden, d. h. ich wurde sozusagen in den Zeugenstand versetzt, um in eigener Sache, in Sachen meiner „Messianität" auszusagen, einer Sache, die gar nicht meine eigentliche war. Meine Worte und Taten waren immerhin noch mächtig genug, meine Sache zur Sprache zu bringen, nämlich durch mich die Menschen Gott begegnen zu lassen.

Aber ihre Verwendung als messianische Beweismittel war ihrem Sinn, den Menschen Gott erscheinen zu lassen nicht förderlich ...

"Meine Worte hören und sie tun"(Mt 7,24) – das war es, was durch mich geschehen sollte, die "Umkehr", Glaube an die Heilsbotschaft ("Kehrt um und glaubt an die Heilsbotschaft!") ‑ das!

Und was ich heute noch will, nicht Diskussionen um meine Person, ich will der Palästinenser Jesus bleiben, fort und fort kommen, als der ich gekommen bin. Als Jesus will ich auf der Erde, bei den Menschen bleiben, mich nicht als Chritus in den Himmel verabschieden lassen, als Thronsitzer, weitab von der Welt ...

Gewiß, ich bin entrückt worden, "hinüber", zum „Vater“, und bin doch bei den Menschen geblieben, in meinem Wort, und ich habe mein Wort durch Zeichen beglaubigt (Mk 16,20), und mein "Geist" wehte in den Meinen, neue Menschen schaffend ‑ nein: nie habe ich die Welt der Menschen verlassen. Und als Erwarteter bin ich den Menschen nahe geblieben, unheimlich nahe.

Aber der Streit um meine persönlichen Verhältnisse mit oben wurde so laut, daß er mein persönliches Verhältnis zu den Menschen an den Rand drängte.

Dich, den Christus, den Erhöhten, verehren sie, hörst du?

Tu solus dominus, tu solus altissimus ... Oh! Die Weihrauchschwaden, die mich, den Christus, umwallen, benehmen mir den Atem, von den Laudationen die mich umrauschen, dröhnt mir der Kopf. Der Jesus in mir schreit auf: Hört mich doch an! Wichtiger als alles, was über mich, von mir und zu mir sagt, ist, was ich euch zu sagen habe.

"Herr‑Herr‑Sager" – ich habe gewarnt! Aber genau so ist es gekommen. ‑ Jetzt ist ‑ für euch ‑ das Entscheidende, was die Menschen über mich sagen, nicht, was ich den Menschen zu sagen habe.

 

Ich habe die Umkehr, das Umdenken gewollt, den neuen Menschen, die neue Gemeinde ‑ ihr aber habt mich in euer altes Denken umgedacht, ihr habt mich zum Träger, zum Stifter einer Institution gemacht, die das Werk des alten, mit der Welt fraternisierenden Menschen ist ‑

so habt ihr mich ausgesperrt und mundtot gemacht. Mit eurem kerygmatischen, dogmatischen und kultischen Chri­stus habt ihr euch meiner, des Jesus, entledigt.

Wenn ich mich "soziologisch" zu bestimmen wünschte, falls ihr mir gestattet, in eurer Sprache zu sprechen: so laßt mich erklären: Meine gesellschaftlich‑kritische Analyse geht gegenüber der eurigen, die mir viel zu kurz zu greifen scheint, auf den Grund. Ich sehe den Grund des unseligen Weltzustandes (sozial und existentiell‑Individual) in Abso­lutsetzungen von Relativitäten.

 

Dazu gehören 1. ein Garantleträger des gegebenen Zu­standes, eine Systemgrundlage: "Gott" als legislative und ap­pellative Instanz, oder mit anderen Worten: eine die Herrschaft bestimmter Klassen und Gruppen privilegierende Interpretation der Ursprungsereignisse (Mose ‑ Propheten), die Verewigung und Vergöttlichung des Zeitlichen ...

Mein Entwurf der neuen Gesellschaft fordert den Abbruch dieser Interpretation, die ich als Abwehr des absoluten An­spruchs, als dessen Neutralisierung verstehe, und er fordert den Durchbruch zur totalen Freiheit ...

Dieser theoretischen Grund‑Analyse entspricht die totale Revolution, die ich aktiv eröffnet, nicht nur "gepredigt" habe.

 

Fridolin Stier, An der Wurzel der Berge, Aufzeichnungen II, Freiburg 1984, S. 204ff.

 
Wichtiger Hinweis  
  Ab sofort gibt es Texte, Bilder, Zitate auf:

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neu dazugekommen  
  Fridolin Stier: Jesus von Nazaret vor dem Bild des Christus (anderes..)

Link: Fridolin Stier - Gedicht Genesis (guck mal)

Predigt Oferdingen 30.10.2011 (predigten)

mit Karl Napf zu Matth. 20-Arbeiter im Weinberg (s. an-ein-aussprüche)

Predigt Pfullingen 16.10.2011

aktuelle Sprüche (s. unten)












 
aktuelle Sprüche  
  Systemfehler
Bei einer Veranstaltung für ältere Menschen in einer Schwarzwaldgemeinde waren auch die beiden Pfarrer des Dorfes anwesend. In der Pause fragte der Entertainer den katholischen Geistlichen, warum die Kirche sich moralisch fast ausschließlich auf den §218 konzentriere und zum Beispiel zur Lüge, die sich auch verheerend auswirke, nichts sage. Der Pfarrer stutzte eine Sekunde und erwiderte dann: "Gegen die Lüge kann man nichts machen, darauf beruht unser ganzes System." Napf erschrak über die Offenheit, da das Programm aber weiterging, konnte er nicht einmal fragen, welches System der Geistliche gemeint habe, das weltliche oder das religiöse oder gar beide.
Gefunden bei Karl Napf: (http://karlnapf.net/)



„Wo nicht der Mensch, sondern das zinstragende Kapital der Gegenstand ist, dessen Erhaltung und Mehrung der Sinn und das Ziel der politischen Ordnung ist, da ist der Automatismus schon im Gang, der eines Tages die Menschen zum Töten und Getötetwerden auf die Jagd schicken wird.“ (Karl Barth, Die kirchliche Dogmatik Band III/4, Zürich 1951, S. 525.)
 
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